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Das Dilemma mit den sozialen Medien

Das Dilemma mit den sozialen Medien

Die meisten werden die Netflix-Dokumentation aus dem Jahre 2020 bereits kennen – und wer nicht, sollte dies bei Gelegenheit nachholen. Die Beschreibung von Netflix selbst lautet: «Dieses Dokudrama ergründet die gefährlichen Auswirkungen der sozialen Medien auf den Menschen. Sogar die Erfinder von Social-Media-Plattformen schlagen Alarm.»

Der Film beleuchtet das Thema Social Media. Zum einen zeigt es, welche Mechanismen oder besser Manipulationen von den großen Konzernen angewandt werden, um die Leute auf der entsprechenden Plattform zu halten, aber auch welche negativen Auswirkungen sich daraus ergeben können. Da wäre zum Beispiel das Suchtpotential das beleuchtet wird, aber ebenso die Auswirkung verstärkender Meinungsblasen, gestörte Selbstwahrnehmung durch Vergleiche mit unerreichbaren Schönheitsidealen, Fake News, Hate Speech bis hin zu den Folgen erhöhter Depressions- und Suizidalitätsraten, die im Film auf die Verwendung von Social Media zurückgeführt werden. Verschiedene Studien erhärten diese Annahme, wie z.B. eine  Langzeitstudie der Universität Montreal.1 Man muss aber auch eingestehen, dass es Stimmen gibt, die noch keinen Beweis für Kasualität darin erkennen, sondern nur eine Korrelation als gegeben annehmen. Ich persönlich glaube, dass die Nutzung von Social Media wirklich mit gesundheitlichen Gefahren verbunden ist.

Sehenswert für alle

Ich empfehle den Film jedem, selbst wenn man selbst kein Social Media nutzt. Weil wir alle von den Folgen betroffen sind, die sich daraus ergeben. Nach meiner persönlichen Meinung wäre z.B. Trump nie Präsident geworden, ohne Twitter. Etwas, was globale Nachwirkungen für jeden einzelnen hatte. Aber auch die fortschreitende Polarisierung der Gesellschaft führe ich größtenteils auf die Social Media Kultur zurück. Aber das wäre Stoff für einen anderen Beitrag. 

Alle genannten Gefahrenpotentiale  können sich auch auf die persönliche Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken. 
Übrigens: Auch wenn es im Film primär um Facebook geht, etwas das jüngere Mitmenschen oftmals belächeln und für tot erklären, möchte ich hierzu erwähnen, dass Facebook, mit rund 3 Milliarden monatlich aktiven Nutzern, immer noch weltweit das führende Soziale Netzwerk ist.2

Außerdem sind die Mechanismen bei allen großen sozialen Netzwerken dieselben, ganz nach der Prämisse: «Wenn du für ein Produkt nicht bezahlst, bist du das Produkt.» Diese Maxime wird zurzeit auf den Prüfstand gestellt. Zum einen durch dezentrale Netzwerke, die Open Source und ohne Werbung sind, jedoch konnten sich diese (noch?) nicht durchsetzen. Zum anderen, weil die großen Techfirmen sich überlegen, dass die «Produkte», also die Nutzenden, nochmals zusätzlich für den Dienst bezahlen sollen. Als «Premiumnutzer», oder unter einer anderen schön färbenden Bezeichnung, wird man sowohl zum Produkt wie auch zum Konsumenten.

Screenshot aus dem Film: Das Dilemma mit den sozialen Medien. Junger Mann mit Handy in der Hand in einem dunklen Zimmer, Transparent eingeblendet Oberflächen von Social-Medie-PlattformenSOcial

Bildquelle und Copyright: Netflix Inc.

Vorführung erlaubt

Öffentliche Vorführungen zu Bildungszwecken sind unter den folgenden Bedingungen gestattet:

  • Die Dokumentation darf nur von einer Person, die ein Netflix-Konto besitzt, über den Netflix-Dienst abgerufen werden. Wir verkaufen keine DVDs und können den Titel auch nicht in anderer Form für Vorführungen bereitstellen.
  • Bei der Vorführung muss es sich um eine gemeinnützige, nicht gewerbliche Veranstaltung handeln. Das bedeutet, dass Sie weder Eintritt verlangen, noch Geld sammeln oder um Spenden bitten dürfen und dass Sie im Zusammenhang mit der Vorführung nicht mit Werbepartnern oder Sponsoren zusammenarbeiten dürfen.
  • Die Dokumentation darf nicht in Zusammenhang mit politischen Kampagnen und/oder auf Wahlveranstaltungen gezeigt werden.
  • Verwenden Sie bei der Werbung für die Vorführung keine Netflix-Logos und unternehmen Sie nichts, das den Anschein erwecken könnte, dass es sich um eine „offizielle“ oder von Netflix geförderte Vorführung handelt.

Und was nun?

Als ich den Film mit Bekannten geschaut habe, kam anschließend eine Frau zu mir und sagte: «Das war eindrücklich! Aber… was sollen wir nun machen? Was machen wir nun konkret dagegen?»

Im Film selber wird vor allem auf politische, sprich gesetzliche Lösungen gesetzt. Diese sind wichtig und richtig. Aber bei alldem darf ein anderer Punkt nicht vergessen werden: Die Gesundheit des Einzelnen, deine Gesundheit!

Dass man in irgendeiner Form Hate Speech, Diskriminierung, Gewaltverherrlichung, Misogynie, Rechts- oder Linksradikalismus und vielem anderem mehr Paroli bieten soll, ist wichtig für die Gesellschaft wie auch die Social-Media-Plattformen. Man kann Gegenreden, Anzeige erstatten, den Beitrag dem Moderationsteam oder den Plattformbetreibern melden etc., um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen.

Wir von NerdHealth wollen uns mit dem persönlichen Befinden befassen: Wie nutze ich Social-Media, ohne dass es mich krank macht? Die im Film aufgezeigten Mechanismen zu kennen und zu verinnerlichen ist schon mal sehr wichtig, aber auch andere Massnahmen können helfen. Eine Auswahl davon:

  • Social Media ist kein Abbild des realen Lebens…
    …sondern ausgewählte emotionsgeladene, künstliche Ausschnitte davon. Niemand ist davor gefeit, sich von Beiträgen beeinflussen zu lassen, aber es hilft, wenn man die Wichtigkeit, oder eben die Unwichtigkeit, selbiger sich ins Bewusstsein ruft, und dass es nicht die Wahrheit abbildet. Weder die glatten Schenkel von den Kardashians, wie der Möchtegernmacho, der den Obermacker raushängen lässt.
  • Überlege, welche Schlachten du schlagen willst
    Egal ob du selbst beleidigt wirst, oder jemand dir nahestehendes angegriffen wird, oder ganz generell, wenn jemand einen Beitrag veröffentlicht, der absolut nicht in Ordnung ist: Es braucht immer Energie, wenn du dich darauf einlässt und versuchst, Paroli zu bieten. Natürlich ist es wichtig, manchen Einhalt zu gebieten, aber nicht auf Kosten deiner Gesundheit. Manchmal ist es einfach am besten, die Trolle nicht zu füttern.
  • Sei respektvoll, höflich und sachlich
    Das Schaffen einer nicht toxischen Atmosphäre auf einer Social Media Plattform ist eigentlich das Wichtigste, um die Gesundheit der Nutzenden sicherzustellen. Dies erreicht man mitunter auch, indem man mit gutem Beispiel vorangeht, selbst wenn man dadurch weniger Klicks oder Likes erhält. Beleidigungen und Anfeindungen sind nie zielführend und hinter jedem  echten Account steckt ein Mensch.
  • Time Out
    Man sollte nie im Zorn antworten. Bevor du das tust, mach eine kleine Pause, trink ein Glas Wasser, setze dich für 5 Minuten auf den Boden und entscheide erst dann, ob du dich mit dem wirklich auseinandersetzen oder den betreffenden Beitrag oder Nutzer nicht gleich ignorieren oder blockieren willst.
  • Eine gute Bubble
    Sorge für eine gute Bubble: Eine Bubble, die deinen Interessen entspricht. Das ist vielleicht nicht die Bubble, in der du am meisten Aufrufe und Likes erhältst, sondern diejenige, die dir guttut. Wähle, wem du folgen willst, mit wem du interagierst. Dann kann Social Media ein produktiver, konstruktiver, spannender und interessanter Ort sein.
  • Empörung, Neid, Prahlerei und Propaganda
    Gefühlt ein Großteil der Beiträge auf Social Media lassen sich diesen 4 Themen zuordnen. Hier sind jedoch zwei Sachen wichtig: Zum einen ist es das, was auffällt und nicht das, was die Mehrheit repräsentiert. Die Social-Media-Algorithmen priorisieren solche Beiträge, weshalb man sie öfter sieht, als sachliche. Das zweite ist der unangenehme Teil: Hinterfrage dich selbst, warum du auf Social Media bist. Bist auch du nur wegen eines der 4 Themen da? Dann darfst du dich auch fragen, ob es wirklich eine gute Idee ist, wenn du dich auf Social Media rumtreibst.
  • Offenheit
    Man muss nicht für alles offen sein, was man antrifft. Jedoch darf man auch immer mal wieder einen Blick über die Bubble hinauswerfen. Sonst landet man an einem Punkt, an dem man nur noch von Ja-Sagern umgeben ist und sich eine eigene Realität schafft.
  • Viele Follower sind noch kein Erfolg
    Die Krux der Sache: Diese Tipps helfen euch, den potentiell gesundheitsschädigenden Effekten von Social Media auszuweichen, sie werden aber nicht eure Followerzahl erhöhen, eher im Gegenteil. Doch hier stellt sich die Frage, was wichtiger ist? Was bedeutet Erfolgreich sein? Viele Follower haben oder die Gesundheit?

Schlusswort

Es gibt Menschen, die machen das alles mit Links. Aber jeder von uns hat Momente, in denen es ihm oder ihr zu viel wird. Und dieses Gefühl sollte man ernst nehmen und sich Zeit für sich selbst nehmen und Energie tanken, bevor man sich wieder in die Wildnis des digitalen Dschungels begibt. Gönne dir ruhig eine Auszeit, leg das Smartphone mal zur Seite, schalte ab (wortwörtlich) und beschäftige dich mit etwas völlig anderem. Mach einfach mal den Kopf frei. Löse dich auch gedanklich und emotional zumindest eine Zeit lang von den für dich kräftezehrenden Situationen in Social Media. 
Du wirst sehen, wenn du es schaffst, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Social Media und anderen Aktivitäten zu erzeugen, dich mit den richtigen Leuten umgibst, dich nicht provozieren lässt, dann kann Social Media das sein, was es sein sollte: Ein angenehmer Ort, an dem man gerne verweilt, sich austauscht und den eigenen Horizont erweitert.
 

Quellen/Zitate

1 https://jamanetwork.com/journals/jamapediatrics/article-abstract/2737909
2 https://www.statista.com/statistics/272014/global-social-networks-ranked-by-number-of-users/

Autor*innen dieses Beitrags

Natalja Kusmin

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